STOA169 (manifest)
robotlab-Beitrag zur Säulenhalle in Polling
2020
„Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten.“ (Art. 5 GG)
Die STOA169 ist ein öffentlich zugängliche Säulenhalle mitten in der bayrischen Landschaft nahe des Ortes Polling. Sie besteht aus 121 individuellen, von internationalen Künstlerinnen und Künstlern gestalteten Säulen.
Die von robotlab gestaltete Säule setzt auf der Roboterinstallation „manifest“ auf, einer Gesetztestexte schreibenden Maschine, wie sie vom 20.10.2017 bis 05.08.2018 in der Ausstellung „Open Codes“ im ZKM Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe zu sehen war.
In „manifest“ steht der Industrieroboter vor einem Schreibpult, verfasst Manifeste, schreibt diese handschriftlich auf Papier nieder und gibt sie an die Besucher und damit an die Öffentlichkeit weiter. Mit jedem Manifest generiert der Roboter individuelle Vorschläge für Gesetze einer zukünftigen Mensch-Maschine-Gesellschaft, im Sinne einer Einmischung des Roboters in die bestehenden Gesellschaftsstrukturen. Dabei greift er auf die Struktur von maßgeblichen Gesetzestexten wie dem Grundgesetz, der Erklärung der Menschenrechte oder auch verschiedene Maschinenrichtlinien zurück und kombiniert diese mit neuem Vokabular, so dass Maschinen als neue Rechtssubjekte eine gleichberechtigte Rolle einnehmen.
Die Gravur von algorithmisch generierten Gesetzestexten aus der Handschrift eines Roboters in Beton ist eine Übertragung des politischen Programms der Maschine auf das tradierte Säulenformat. Die Transformation der antiken Säule in die Gegenwart findet in der Verwendung von Beton als zeitgenössischem, industriellen Material ihre Entsprechung.
Säulen dienten seit der Antike zur öffentlichen Manifestation von politischen Programmen, die in Form von Text und Bild in Stein gemeißelt wurden. In dieser medialen Funktion haben sie einen Bezug zu den politischen und künstlerischen Manifesten des 19. und 20. Jahrhunderts.
Der Begriff „Manifest“ (lat.manifestus, handgreiflich, offenbar, erwiesen) verweist auf die Verbindung der Handtätigkeit des Roboters (lat. manus, die Hand) mit dem feierlichen Akt (lat. festus, festlich, feierlich) der Proklamation.